Interview mit Marion Linkert vom Flughafen München

Abfertigungshalle des Flughafens München

Der Münchner Flughafen ist nach der Oberen Baubehörde München die zweite Einrichtung in Deutschland, die eine "Toilette für alle" eingerichtet hat. Wir befragten Marion Linkert vom Mobility Service des Airports nach den Beweggründen für den Umbau, ob die Einrichtung genutzt wird und was sie potenziellen Bauherren empfehlen würde.

Seit Februar hat der Flughafen München eine Toilette für Menschen mit Komplexer Behinderung. Frau Linkert, Hand aufs Herz: vorauseilender Gehorsam, Teil der Marketingstrategie oder reine Menschenliebe?

Sowohl als auch. Für uns ist es wichtig, dass die Einrichtung unseren Passagieren zur Verfügung steht und auch gleichzeitig neue Besucher anlockt, für die ein längerer Flughafenbesuch sonst nicht möglich wäre. Aufgrund des demografischen Wandels werden solche Einrichtungen in Zukunft immer wichtiger.

Wie kamen Sie auf die Idee, eine "Toilette für alle" einzubauen?

Es begann damit, dass die Mitarbeiter unseres Mobility Service, die die mobilitätseingeschränkten Passagiere betreuen, mit den normalen Behindertentoiletten unzufrieden waren. Die sind einfach zu klein, wenn man dort Passagiere umziehen möchte. Die Situation war für den Mitarbeiter und die Menschen mit Behinderung alles andere als angenehm. Dann bekamen wir Zuschriften von Passagieren, die uns auf die "Toilette für alle" aufmerksam gemacht haben. Als Beispiel wurde die "changing places"-Kampagne in Großbritannien genannt. Da bin ich hellhörig geworden und habe mir deren Website angeschaut. Dort gibt es bereits über 600 solcher Toiletten in den verschiedensten öffentlichen Einrichtungen, Museen oder Einkaufszentren.

Und das hat Sie so überzeugt, dass Sie auch einen solchen Toilettenraum haben wollten?

Genau. Als ich mitbekam, dass der Sanitärbereich umgebaut wird, habe ich unsere Architekten kontaktiert und angeregt, dass man eine "Toilette für alle" und barrierefreie Duschen planen könnte. Meine Kollegin Frau Glanemann hat das gleich als Herausforderung gesehen, eine Toilette mit bisher nie da gewesener Funktion mit Wohlfühlatmosphäre zu verbinden. Das ist ihr auch sehr gut gelungen. Der Raum ist sehr ansprechend und sieht nicht nach Krankenhaus aus. Die Stiftung Leben pur hat uns bei der Umsetzung beraten.

Wie wird der Raum angenommen?

Aktuelle Nutzungszahlen stehen uns noch nicht zur Verfügung. Aber eines steht fest: Die "Toilette für alle" wird genutzt. Die Passagiere sind meist in Begleitung unseres Mobility Service und die Mitarbeiter sind sehr glücklich über diese Einrichtung.

Den Schlüssel zur Toilette und den Duschen muss man sich im Service-Center holen. Warum haben Sie nicht gleich ein Schloss für den Euroschlüssel eingebaut, den die Behinderten ja meist bei sich haben?

Wir sind ein internationaler Flughafen mit vielen nicht-europäischen Gästen. Keine unserer Behindertentoiletten am Flughafen ist mit einem Schloss für den Euroschlüssel versehen.

Würden Sie andere Bauherren ermuntern, Ihrem Beispiel zu folgen?

Auf jeden Fall! Wir finden die "Toilette für alle" sehr wichtig, da sie Menschen mit Behinderung die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht. Deshalb würden wir es sehr begrüßen, wenn es diese Einrichtungen flächendeckend gäbe.

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